10 Dinge die du wissen solltest, bevor du deinen Bulli selber lackierst
Unseren Bulli haben wir seit 2011 und der Lack sah von Anfang an eher mäßig aus. Der Vorbesitzer hat seine künstlerische Ader an einem schwarzen Streifen ausgetobt und die ein oder andere Stelle mit weißem Lack in verschiedenen Tönen „ausgebessert“. Dazu kommt der altersbedingte Verfall durch Wind, Wetter und Rost. Es war höchste Zeit dem Bulli zu neuem Glanz zu verschaffen. Da wir leider vor 9 Jahren nicht die geistige Voraussicht hatten, einen Restaurationsfond für den Bulli einzurichten, war unser Budget begrenzt und damit war schnell klar, das wir das selber angehen. Leichter gesagt als getan.
Vieles hätten wir gerne vorher gewusst. um uns besser auf das einstellen zu können, was da auf uns zukommt. Deswegen wollen wir euch hiermit 7 Dinge nennen, über die ihr euch Gedanken machen solltet, bevor ihr die Lackierpistolen zückt und selber eurer Bulli lackieren wollt.
1 | Hast du Platz?
Die grundlegendste Frage, wenn man mit dem Gedanken spielt einen Bulli zu lackieren, ist wo man das Projekt angeht. Ihr braucht erst einmal einen, vor Wind, Wetter und fremden Fingern geschützten Platz, wo ihr in Ruhe den kompletten Bus auseinander nehmen könnt. Alles was nicht lackiert wird, muss sinnvoll verstaut werden, damit ihr nicht ständig darüber stolpert oder die Teile später durch Staub oder Lacknebel verschmutzt werden. Wenn ihr ein festes Hochdach habt, dann fällt eine Garage mit normalen Dimensionen schon mal raus.
Euer Lackierraum muss über mehrere Stromquellen und gute Beleuchtung verfügen und idealerweise auch Zugang zu einem Wasserhahn/ Waschbecken haben.
2 | Wie viel Zeit hast du?
Ein Auto selber zu lackieren braucht wirklich wirklich wirklich viel Zeit. Wobei das Lackieren an sich, nicht das Problem ist. Wenn man einmal den Dreh mit der Richtigen Balance aus Luftstrom und Düseneinstellung raus hat, geht dieser Teil flott. Das was wirklich Zeit (und Nerven) kostet, sind die Vorbereitungen.
Die Metallflächen müssen nicht nur abgeschliffen werden, sondern anschließend sehr sorgfältig abgeklebt und dann mehrfach entfettet werden. Dabei darf natürlich das Umfeld nicht vergessen werden. Auch eure Lackierstelle muss staubfrei sein, sonst ärgert ihr euch später über unschöne Staubeinschlüsse in eurem neuen Lackbild.
Die größten Zeitkiller waren bei uns jedoch die Überraschungen unter dem Lack. Wir haben so viele kleine und auch größere Roststellen freigelegt, bzw. bekannten Roststellen Aufmerksamkeit geschenkt, dass wir endlich guten Gewissens rechtfertigen konnten, uns das lang ersehnte Schweißgerät zu kaufen und die besagten Stellen zu erneuern. Wenn man sich schon die Mühe macht, so viel Zeit und Geld in ein neuen Lack zu investieren, lohnt es sich auf jeden Fall alles ordentlich zu machen damit der neue schöne Look auch ein paar Jahre hält. Wenn man sich so genau mit dem Innenleben seines Bullis beschäftigt, was man zwangläufig tut wenn man stundenlang schraubt, schleift und schrubbt, fällt einem vieles auf was vorher übersehen wurde. Dichtungen die spröde werden, Sprustangenköpfe die erneuert werden wollen oder Risse im Unterbodenschutz, seit auf Überraschungen gefasst!
3 | Material & Kosten
Die offensichtlichen Sachen wie einen leistungsstarken Kompressor mit Lackpistole, Grundierung und Lack sind klar. Was uns überrascht hat sind die ganzen Kleinigkeiten, die man drum herum braucht.
Zunächst einmal sollte man sich auf jeden Fall zum Abschleifen technische Unterstützung holen. Ein drehzahlgeregelter Winkelschleifer für die großen Flächen und ein Multitool für die ganzen kleinen Kanten und Ecken, haben sich wirklich mehr als bezahlt gemacht. Dazu dann noch ein kleiner Bandschleifer für schwer erreichbare Stellen und Schweißpunkte. Natürlich kann man das alles auch per Hand machen, aber das würden wir wirklich niemandem empfehlen.
Beim Ausbau werden zwangsläufig einige verklebte Kunststoffteile, Kedern oder Dichtungen kaputt gehen, die ersetzt werden müssen. Auch zum Zusammenbauen nach dem Lackieren braucht man eine Menge Material wie Sikaflex, Multifunktionsfett, Sprühkleber, Kleber für die Gummidichtungen und noch viel mehr.
Wenn ihr euren Bulli selber lackieren wollt, solltet ihr euch ein großzügiges finanzielles Polster ansparen, denn all die kleine Investitionen addieren sich ziemlich schnell auf.
4 | Abkleben
Ihr werdet kilometerweise Abklebefolie brauchen. Wir haben den Bus und die ganze Lackierbox vier mal komplett neu abgeklebt. Als erstes zum schleifen, um alles vor dem Staub zu schützen, und anschließend noch drei mal für die Grundierung und die zwei Lackfarben. Jedes mal muss eine komplett neue Folienschicht ran, da es schon so schwer genug ist ein glattes Lackbild zu bekommen, ohne das Staub und abgeblätterte Farbe umherflirren. Und dafür wird der starke Luftstrom des Kompressors sorgen!
Wenn ihr euren Bus zweifarbig lackiert, wie wir, dann muss man genau recherchieren wo die Farbübergänge verlaufen und extrem aufpassen dass das Abklebeband lückenlos angebracht ist, sonst kann man den schönen neuen Lack direkt wieder anschleifen. Und auch beim Abziehen ist äußerste Vorsicht gefragt. Um schöne, klare Linien zu bekommen, haben wir nach maximal 24 Stunden das Abklebeband abgezogen. Da ist die neue Lackschicht jedoch noch nicht komplett durchgetrocknet und wenn man nicht sehr behutsam arbeitet, zieht man Lacksplitter mit ab und das ist einfach super ärgerlich. Erst nach 8 Tagen bei Umgebungstemperaturen von um die 20 °C ist der Lack komplett durchgetrocknet.
6 | Unterstützung
Hast du Unterstützung? Das meiste schafft man, wenn es unbedingt sein muss, alleine. Auch wenn es natürlich viel schneller geht und doppelt so viel Spaß macht wenn man zu zweit ist. Für einige Aufgaben braucht man aber zwangsläufig ein zweites Paar Hände, wie zum Beispiel zum Ausbauen der Türen oder der Fenster. Also sucht euch einen Bulli-Buddy der euch (wenigstens ab und zu mal ) unterstützen möchte.
5 | Sicherheit
Ein Auto zu lackieren birgt so einige gesundheitliche Gefahren. Feinstaub und Lacknebel sind nichts, worüber sich eine gesunde Lunge freut. Die diversen Bremsenreiniger, Silikonenferner und sonstigen chemischen Helfer die man braucht, übertreffen sich gegenseitig mit Gefahrenkennzeichen und Sicherheitshinweisen. Bevor ihr mit solchen Stoffen arbeitet, solltet ihr euch genau informieren, welche Schutzmaßnahmen zu treffen sind und immer für eine gute Belüftung sorgen.
7 | Wie weit wollt ihr gehen?
Stellt euch von Anfang an darauf ein dass euch beim Auseinander bauen eures Bullis hunderte neue Projekte in den Sinn kommen. Wir hatten ursprünglich geplant „nur“ den Bus neu zu lackieren und die groben Roststellen zu versorgen. Mittlerweile haben wir Radhausschalen eingebaut, sind dabei die Bremsen zu erneuern, haben neue Wischwasserschläuche verlegt, und das ist nur ein Bruchteil der ungeplanten kleinen zwischen Projekte die man eben mal so nebenbei macht, wo der Bus doch grade so schön auseinandergebaut ist. Wollt ihr euch die Zeit und die zusätzlichen Kosten sparen und euer Lackier-Projekt durchziehen oder seid ihr flexibel für Verzögerungen und wollt alles auf einmal erledigen? Um den Umfang eures Projektes solltet ihr euch deshalb unbedingt vorher schon Gedanken machen.
Spielt ihr mit dem Gedanken euren Bulli zu lackieren oder würdet ihr das nur professionellen Händen überlassen? Schreibt in die Kommentare was ihr vom Thema selber lackieren haltet!
Hinweis: Hiermit weisen wir darauf hin, dass Inhalte auf unserer Website nicht als Anleitung dienen, sondern lediglich eine Beschreibung unserer eigenständig umgesetzter Projekte sind. Wir übernehmen keine Garantie für die Richtigkeit unserer Angaben. Arbeiten an Kraftfahrzeugen sind nur von Fachkräften durchzuführen. Wir übernehmen keine Haftung für Schäden, die aufgrund der hier veröffentlichten Inhalte verursacht wurden.
Ausprobiert? Wir wollen eure Bilder sehen! #Bulliventures
Hi ihr zwei, wow mega Projekt vielen Dank für den Beitrag und die Tipps! Ich restauriere gerade auch meinen T3 und habe vor zwei Tagen angefangen alles zu zerlegen und abzuschleifen. Der Vorbesitzer hat den Wagen gewalzt, dementsprechend rau ist die Oberfläche, wirklich kein Augenschmaus… dafür ist kaum Rost da was wahrscheinlich gut ist:)
Beim abschleifen habe ich bemerkt, dass der Wagen wohl mindestens schon 3 Farben drauf hat also Original Lack + 2. Ich hab jetzt mit P60 einmal alles abgeschliffen aber man sieht jetzt halt die “alten” Farben. Vielleicht wisst ihr ja wie ich da jetzt am Besten weitermachen kann, also weil ich nicht weiß ob zB 2K Füller die alten Lacke angreifen kann?
Was habt ihr denn für eine Grundierung verwendet?
Vielen Dank euch und allzeit gute Fahrt:)
Hallo Ihr Zwei,
erstmal möchte ich euch sagen, dass ihr eine ganz tolle Seite hier erstellt habt! Ich bin schlichtweg begeistert!
Ich bin gerade am überlegen, mir auch einen VW Bulli T3 Camper zu kaufen. Ich würde ihn vom Nachbarn für 2500 Euro bekommen.
Allerdings bin ich nicht so technisch und mechanisch begabt, allerdings weiß ich, dass man an seine Aufgaben heranwächst und mit einem Bulli Team alles schaffen kann.
Ich habe mir den Artikel zum selbst lackieren durchgelesen und hätte noch Fragen dazu.
Habt ihr eine Kostenaufstellung mit einzelnen Artikeln, die Ihr für die Lackierung benötigt habt? Wieviel hat es schlussendlich mit allen Materialien gekostet? Ein Lackieren in der Werkstatt würde ja zwischen 3-5k Euro kosten.
Ihr hab davon gesprochen, dass man viel Zeit mitbringen muss. Ich persönlich habe jetzt keinen Zeitdruck und will den Bulli auch nicht so schnell wie möglich fertigstellen, aber von welchem Zeitaufwand sprecht ihr eigentlich? Lackierprozess von 20-30 Arbeitsstunden oder 70-80 Arbeitsstunden?
Liebe Grüße
Samuel Dreher
Hi Samuel,
es freut uns sehr, dass du auf unseren Blog gestoßen bist und du uns ein so positives Feedback gibst. Das motiviert uns sehr und anscheinend bist du ebenfalls sehr motiviert dich mit dem Thema T3 auseinanderzusetzen. Wir hatten anfangs auch keine Erfahrung, aber Vieles ist leichter umzusetzen als es zunächst den Anschein hat.
Bevor du dich mit dem Thema Lackierung auseinandersetzt, solltest du den Bus zunächst nach Roststellen absuchen. Nicht das Lackieren nimmt die meiste Zeit in Anspruch, sondern die Vorarbeit. Du solltest dich fragen, was du für ein Ziel hast? Musst du zunächst Schweißen? Schau dir hierfür die typischen Stellen am T3 an. Hierzu zählen vor allem die B-Säulen, die Radkästen generell, die Küchenfuge und die Scheibenrahmen. Sind Vorarbeiten nötig, kann eine professionelle Lackierung für einen T3 auch schnell das doppelte von dem kosten, was du genannt hast. Für den Fall, dass dein Bus eine super Substanz hat, liegen die Materialkosten etwa bei um die 1.000 Euro, je nach Produktauswahl und Lackaufbau. Der reine Lackierprozess dauert sogar weniger als 10 Stunden. Du musst aber unbedingt die Ablüftzeit des Lackes beachten. Das Abmontieren von Anbauteilen, das Anschleifen des alten Lackes, das Abkleben und das Entfetten der Oberflächen dauert hier wesentlich länger. Eine genaue Zeit zu nennen ist hier schwierig, da die Ansprüche, die eigenen Mittel und das Ergebnis sehr individuell sein können.
Abschließend zum lackieren können wir dir aber sagen, dass sich die Arbeit gelohnt hat. Wir hatten überhaupt keine Erfahrung was Auto-Lackierungen angeht, haben uns alles Schritt für Schritt selber erarbeitet und sind mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Es ist nicht perfekt aber zu 100 % selber gemacht.
Und zu der Entscheidung den Bulli zu kaufen: Vor 10 Jahren haben wir vor der gleichen Wahl gestanden. Projekt für Projekt haben wir mehr über den Bulli gelernt und mittlerweile kennen wir unseren Bus in und auswendig und können vieles selber machen oder wissen wer uns weiterhelfen kann. Ein VW T3 für den Preis zu bekommen ist entweder ein riesen Glücksgriff oder du hast einige Baustellen vor dir. Aber wenn du handwerklich geschickt bist und du Spaß daran hast am Bulli zu basteln dann ist es definitiv ein fantastische Gelegenheit.
Wir sind gespannt wie du dich entscheidest, halte uns auf dem Laufenden!
Liebe Grüße,
Jan & Claire